Nach Messerattacke von Dresden Über hundert Islamisten in deutschen JVAs
Der Attentäter von Dresden galt schon im Gefängnis als radikaler Islamist und wurde nach der Entlassung observiert.
Ein mutmaßlich islamistischer Syrer greift in Dresden zwei Menschen mit dem Messer an und tötet einen davon. Der Mann war bereits im Gefängnis als gefährlich eingestuft worden. Nach Angaben der Bundesländer sitzen mehr als hundert Islamisten derzeit in deutschen Haftanstalten.
Nach der Messerattacke von Dresden rechnen Sicherheitsbehörden mit einer dreistelligen Zahl von Gefährdern in deutschen Gefängnissen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzt das islamistisch-terroristische Potenzial in Deutschland insgesamt auf derzeit 2060 Personen. Nach Informationen der Zeitungen der Funke Mediengruppe geht die Kölner Behörde allerdings bundesweit von über 28.000 Islamisten aus. "Die schreckliche Tat in Dresden zeigt, dass vom islamistischen Terrorismus nach wie vor eine große Gefahr in Deutschland ausgeht", sagte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang den Funke-Zeitungen. Er versicherte, die Sicherheitsbehörden bearbeiteten mit vereinten Kräften weiterhin zahlreiche Gefährdungssachverhalte und klärten die islamistische Szene konsequent auf.
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Nach einer Umfrage der Funke-Zeitungen unter den 16 Bundesländern sitzen weit über 100 Islamisten in deutschen Gefängnissen ein, zwei in Sachsen-Anhalt, drei in Sachsen, vier in Baden-Württemberg, je fünf in Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein, sechs in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen zwölf, in NRW 17. Außerdem kam die Abfrage noch auf 16 Untersuchungsgefangene. In den bayerischen Haftanstalten befinden sich 31 Gefangene mit islamistisch-terroristischen Bezügen, in weiteren 27 Fällen lägen entsprechende Verdachtsmomente vor.
Das Justizministerium in Baden-Württemberg erklärte laut dem Bericht, 17 Gefangene würden "wegen entsprechender Auffälligkeiten oder Hinweisen vorsorglich beobachtet". Thüringen teilte mit, die Zahl der islamistischen Gefangene liege im einstelligen Bereich. Hessen erklärte, dass in den Justizvollzugsanstalten eine niedrige zweistellige Anzahl an "Gefährdern" Haftstrafen verbüße – sowie eine mittlere zweistellige Anzahl an Gefangenen, die dem Spektrum religiös motivierte Straftaten aus dem Bereich des Islam zuzuordnen seien. Brandenburg meldete einen Fall. In Bremen sitzt nach Auskunft des Innensenators ein Gefangener ein, der der islamistischen Szene nahestehe, aber wegen eines anderen Delikts verurteilt worden sei. Zwei Länder blieben den Angaben zufolge eine Antwort schuldig, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland.
Bayerns Innenminister: Gefährder dürfen keinen Schutz erwarten
Nach Messerangriff in Dresden Tatverdächtiger ist islamistischer Gefährder
Bayerns Innenminister Joachim Hermann von der CSU forderte die Bundesregierung auf, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, um Rückführungen nach Syrien oder in Drittstaaten zu ermöglichen. "Wer in unserem Land schwere Straftaten bis hin zum Mord begeht oder als Gefährder auftritt, kann doch nicht allen Ernstes erwarten, dass er bei uns Hilfe oder Schutz findet. Der Schutz der Bevölkerung hat oberste Priorität", sagte der CSU-Minister laut dem Bericht weiter. Die Innenministerkonferenz hatte zuletzt im Frühjahr erneut den generellen Abschiebestopp nach Syrien verlängert. Der Abschiebestopp dürfe aber "kein Freibrief für gewalttätige und bereits verurteilte Straftäter sein", sagte Herrmann.
Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhl geht davon aus, dass der Tatverdächtige von Dresden sich offenbar seit seiner Einreise 2015 in Deutschland radikalisiert habe. "Es ist die dringende Aufgabe von Politik und Sicherheitsbehörden, die Radikalisierungsräume für solche islamistische Täter auszuleuchten", forderte er im Gespräch mit den Zeitungen. "Es darf im Internet, in Moscheen oder in Gefängnissen keine Radikalisierungsprozesse geben, die in einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit münden", sagte er. Bei der Bekämpfung des Islamismus spielten auch muslimische Gemeinden eine zentrale Rolle. "So richtig es ist, Muslime in Deutschland vor Verallgemeinerungen und Verunglimpfungen in Schutz zu nehmen, so klar ist auch: Ohne Vorbilder und Frühwarnsysteme in den muslimischen Gemeinden kann die Bekämpfung des Islamismus nicht gelingen", sagte der FDP-Politiker weiter.